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Wie Sie schwierige Menschen im Gespräch steuern

Stellen Sie sich vor, Ihr Arbeitskollege grummelt immer vor sich hin. Ist negativ in allen seinen Ansichten, in seinem Weltbild und macht einfach alles nur schlecht. Sie haben das Gefühl, mit ihm sei kein Gespräch möglich, das nicht in negativer Stimmung endet. Und Sie geben diesem Menschen den Stempel „schwierig“. Dabei ist der Umgang mit ihm einfach unangenehm. Sie haben das Gefühl, seine Worte, seine Energie seien einfach nur destruktiv.

Was aber, wenn dieser Mensch sich in sich gefangen fühlt? In seiner eigenen negativen Umlaufbahn kreist. Wenn er sich selbst nicht wirklich mag und niemals gelernt hat, den Blick auf das Positive zu lenken und sich damit aufzurichten?

Warum uns andere mitunter als schwierig erscheinen

Vorrangig negative Menschen haben oftmals in ihrer frühen Prägungsphase gelernt, dass es besser ist, nicht zu viel vom Leben zu erwarten, weil das Leben ja doch nur enttäuscht. Nicht den Blick auf das Schöne, das Freie, das Lebendige zu richten, weil es ja wieder weggenommen werden kann. Und dann schmerzt es – es schmerzt so sehr, dass es besser ist, das Schöne zu ignorieren.

Wie muss sich ein solcher Mensch fühlen in einer Welt, in der seine Angst vor dem Guten, dem Schönen, dem Freien, dem Lebendigen so stark ist, dass er seinen Blick nur auf das richtet, was nicht funktioniert? Dieser Mensch leidet und drückt sein Leid aus. Und diese Energie, dieses Gefangensein macht den Umgang mit diesem Menschen sehr unangenehm.

Lenken Sie den Fokus auf sich selbst!

Was aber, wenn ich nicht erwarte, dass er so ist, wie ich es bin? Nicht erwarte, dass er so ist, wie ich ihn gerne haben möchte? Hier sind wir bei einem entscheidenden Punkt in der eigenen Persönlichkeit:

Was erwarte ich und wie gehe ich mit unerfüllten Erwartungen um?

Wie viel einfacher ist es doch zu sagen, diese Person ist schwierig, als zu fragen: Sind meine Erwartungen adäquat?

Stellen Sie sich vor, Sie haben gelernt, dass man nicht laut sein darf, nicht ausrastet und schon gar nicht in der Emotion anderen gegenüber seine Wut ablässt. Und nun haben Sie einen cholerischen Chef. Der lässt zwar nicht täglich, aber doch in regelmäßigen Abständen seine überbordenden Emotionen an Ihnen ab. In diesen Momenten fühlen Sie sich getriggert. Sie selbst haben sich doch immer daran gehalten, Ihre Emotionen zu unterdrücken, brav und höflich zu sein und nicht auszurasten, obwohl Ihnen sicher oftmals danach war. Und nun macht diese Person genau das. Sie erlaubt sich, den emotionalen Stau aufgrund von vielfachem Stress, mentalen Überforderungen einfach durch Schreien aufzulösen. Und Sie als Beobachter meinen, diese Person sollte sich doch besser unter Kontrolle haben. Dabei vergessen Sie das Wesentliche: Kaum jemand, der sozial verträglich ist, hat die Absicht, andere öffentlich anzuschreien, anzugreifen und zu demütigen. Und Sie vergessen, dass diese Person sich innerlich schämt, auch wenn sie es nicht zeigt. Darunter leidet, dass sie keine andere Möglichkeit findet, sich auszudrücken. Und permanent versucht, es anders zu machen, doch das tief in den Zellen verankerte Temperament immer und immer wieder durchschlägt.

Sie fragen sich jetzt: „Was kann ich für dieses Temperament? Wie komme ich dazu, das auszuhalten?“ In diesem Moment ist Ihr Fokus ganz stark auf Ihr Ich gerichtet. Soziales Miteinander geht aber immer wieder vom Ich zum Du zum Wir. Und wenn ich es so betrachte, könnte ich dieser Person in einem Gespräch den Raum geben, sich auszulassen, den außerhalb jeder Kontrolle erlebten überquellenden Emotionen Abfuhr zu gewähren. Und anschließend einfach nur festhalten: „Können wir eine kleine Pause machen und dann in Ruhe darüber reden? Darüber, was Sie so aufbringt und Sie belastet.“

Die Erfahrungswelt negativer Menschen

Ein klassischer Choleriker will Sie nicht zerstören. Das ist niemals seine Absicht. Wenn das jemand tut, dann ist er ein Machtmensch oder Narzisst. Weil diese Menschen in ihrem Leben die Macht nutzen. Menschen nutzen. Weil sie innerlich so verletzt und betäubt sind, dass sie keine anderen Wege für ein Miteinander finden. Oder sie wurden als Star und als mächtig geprägt. Nach der Prägungsphase erkennen sie dann, viele Menschen behandeln sie doch ganz anders. Nicht als Star oder mächtig. Und dann beginnen sie, sich die Aufmerksamkeit, die Macht mit allen Mitteln zu erobern. Und wenn es sein muss, auch mit den Mitteln der Zerstörung. Sie schrecken vor nichts zurück, weil es innerlich um ihr Überleben geht. Um ihren Wert, ihr Selbstvertrauen, ihren Status. Sie definieren sich über Macht und Anerkennung. Ohnmacht zu erleben macht sie krank, bricht sie, bringt sie in die Tiefen ihrer erlebten Verletzungen und ihres unerfüllten Selbstbildes und lässt sie innerlich erbärmlich leiden. Deshalb lassen sie lieber andere Menschen leiden, um das eigene ungenügende Gefühl des Nicht-wert-Seins zu vermeiden.

Und ja, dann wird es in Gesprächen wahrlich herausfordernd, spannend, intensiv. Denn bei diesen Typen muss ich wirklich auf der Hut sein. Auf der Hut vor Zerstörung. Denn sie wollen die Macht und die Anerkennung. In dem Moment, wo ich ihnen diese nicht gebe, beginnen sie zu kämpfen. Innerlich und äußerlich.

Setzen Sie Grenzen!

Deshalb ist es so wichtig, dass ich mich schütze. Innerlich auf Distanz bleibe und die Versuche des Gegenübers, mich kleinzumachen, nicht persönlich nehme.

Wie mache ich das?

  • Ich gehe innerlich einen Schritt zurück und schaue mir das Verhalten wie durch ein Fernrohr an.

Ich frage mich:

  • „Was passiert da gerade mit diesem Menschen? Was sagt das über ihn aus?“
  • „Was will diese Person von mir?“
  • „Wo will sie mich haben?“
  • „Was soll ich tun, was nicht?“ Und wenn ich meine Fragen beantwortet habe, kann ich ganz klar bei Grenzüberschreitungen ein Stopp aussprechen.

Ich sage:

  • „Stopp! – So können wir kein Gespräch führen. Ich höre nicht mehr das, was Sie sagen, sondern wie Sie es sagen. Wann wollen wir in Ruhe darüber reden?“
  • „Können wir jetzt in Ruhe darüber reden?“
  • „Ich fühle mich angegriffen und kann so kein Gespräch führen.“

Dieses klare verbale Grenzensetzen scheuen viele Menschen und es bedarf dazu Mutes. Meine Erfahrungen zeigen, dass dies wirkt. Denn gerade diese Menschen benötigen Grenzen bei ihrer permanenten Suche nach Wert und Anerkennung. Mit Ihrem Stopp verschaff en Sie sich bei ihnen Respekt.

Wie in diesem speziellen Fall sind wir auch in allen anderen Gesprächen auf uns selbst zurückgeworfen. Daher sollten wir stets folgende Fragen stellen:

  • „Wie viel Raum gebe ich dem anderen, die Person zu sein, die sie ist, oder muss sie meinen Erwartungen entsprechen?“
  • „Welches Auftreten erlaube ich mir selbst? Will ich mutig sein? Abgrenzend? Fordernd? Still? Hinnehmend?“

Ich erlebe sehr viele Menschen in meiner Online-Coaching- Praxis, die mit ihren inneren Eingrenzungen kämpfen. Angst haben, den Mut aufzubringen, sich abzugrenzen, sich zu zeigen, ein Stoppsignal zu setzen. Und diese Angst macht sie krank, weil sie immer unter mutigeren Personen leiden. Unter Menschen, die sich off en zeigen und ihre Wünsche, Vorstellungen, ihr ganzes Sein ausleben.

Wenn sie dann in unserem gemeinsamen Coaching lernen,

  • die Angst zu verlieren, sich zu zeigen,
  • aus traditionellen und veralteten Rollenmustern auszusteigen,
  • sich selbst zu vertrauen und ihre Kommunikationsfähigkeiten stärken,

dann werden diese Menschen mutiger, selbstbewusster und energetischer und bringen ihre gesamte Persönlichkeit konstruktiv ein. Und dann lösen sie Konflikte nicht mit Ärger, Wut oder Verzweiflung, sondern mit innerer Stärke und Sicherheit. Ohne gegen den anderen zu gehen, sondern sie gehen für sich. Darin liegt ein großer Unterschied.

Akzeptieren Sie sich – und den anderen!

Was, wenn das größte Geschenk für Sie jenes ist, dass Sie sich gestatten, den anderen so sein zu lassen, wie er ist, und „Stopp!“ zu sagen, wenn Ihnen sein Auftreten missfällt oder er Ihre Grenzen überschreitet? Dann verfügen Sie über das beste Mindset, das immer wirkt:

Sie zeigen, wer Sie sind, und lassen den anderen zeigen, wer er ist.

Das bedeutet konkret:

  • Ich gehe in das Gespräch mit der Haltung: Alles darf sein. Mein Gegenüber darf sich mit all seinen Ecken und Kanten zeigen und ich zeige mich.
  • Wenn mir etwas missfällt oder unangenehm ist, spreche ich es an und setze deutlich eine Grenze, zum Beispiel:
    • „Das ist mir jetzt unangenehm. Das kann ich nicht nachvollziehen. Dazu benötige ich noch mehr Information.“
    • „Ich kann Sie in dieser Lautstärke nicht verstehen / die Intensität irritiert mich.“
    • „Ich möchte jetzt kurz eine Pause machen, das Gespräch ist mir zu hitzig und angriffig.“
    • „Können wir auch gelassener und ruhiger miteinander reden? So geht es mir nicht gut und ich bin auch inhaltlich abgelenkt.“

Sollte Ihr Gegenüber nicht auf Ihren Mut, das Stoppsignal zu setzen, reagieren, dann werden sie deutlicher:

  • „Ich kann Sie nicht mehr hören!“
  • „Ich möchte mich nicht angreifen lassen!“
  • „Ich möchte hier jetzt ein Stopp setzen und kurz nach draußen gehen.“

Und wenn auch das nichts nutzt, dann gehen Sie und kündigen Sie es an:

  • „Ich muss kurz mal raus, ich komme dann wieder.“

Das erfordert Mut. Und vergessen Sie dabei niemals:

Ihr Mut zum NEIN ist immer ein JA zu Ihnen.

Erkennen Sie den anderen in seiner Einzigartigkeit an und stehen Sie zu sich selbst. Dann können Sie auch den Umgang mit schwierigen Menschen konstruktiv gestalten.

Die Autorin

Die Fachzeitschrift "Die Mediation"

 

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