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Veränderungsprozesse: Jonathan Barth zu Akzeptanz von Digitalisierung in Unternehmen
Ich bin Jonathan Barth, Wirtschaftsmediator, Coach und Prozessbegleiter für Beteiligungs- und Veränderungsprozesse in Unternehmen und ich bin dafür da, dass der Faktor Mensch in Digitalisierungsprozessen betrachtet wird. Digitalisierung wird ja häufig erstmal durch die technische Brille gesehen. Diejenigen, die die Digitalisierung dann letztlich mit Leben füllen müssen aber mitgedacht werden und werden in solchen Prozessen häufig als schmückendes Beiwerk angesehen.
Dabei bearbeiten wir dann Themen wie Akzeptanzaufbau und -management für Digitalisierungsprozesse. Wir schauen auf das Thema Führung - was können Führungskräfte ändern und beachten, wenn sie in Digitalisierungsprojekten involviert sind. Natürlich geht es auch um Konflikte und unsere Unternehmen mit dem nötigen Rüstzeug auszustatten um diese vorzubeugen und zu bearbeiten. Und letztlich auch Themen wie Arbeitgeberattraktivität – wie gestalte ich meine Arbeitgebermarke attraktiv und wie stelle ich im Unternehmen sicher, dass ich auch generationsübergreifend erfolgreich zusammenarbeite.
Wenn Sie vorhaben, in Ihrem Unternehmen einen Digitalisierungsprozess aufzusetzen, sollten Sie die Reihe „Akzeptanz & Organisation“ unbedingt besuchen. Wir haben aus unserem Erfahrungsschatz die wichtigsten Inhalte zusammengestellt, die es im Vorhinein und auch während eines Digitalisierungsprozesses zu beachten gilt und hören dann nicht bei den bloßen Inhalten auf, sondern füllen die Werkzeugkoffer für jeden „Digitalisierer“, um die Menschen auf dem Weg der Veränderung mitzunehmen.
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Wir begleiten seit vielen Jahren KMU durch Digitalisierungsprozesse, coachen Führungskräfte und qualifizieren sie für die anstehenden Herausforderungen. Aus diesen Erfahrungen haben wir die besten Übungen, Methoden und Strategien zusammengestellt und so die Formate der Reihe komplettiert.
Uns ist dabei eine Hands-on – Philosophie wichtig. Wir besprechen in diesem Rahmen Themen wie Führung im Veränderungsprozess, Akzeptanz und Partizipation, Generationenunterschiede – wie nutze ich diese und gleiche sie zu einem gewissen Grad aus, New Work und Konfliktlösung.
Um betriebliche digitale Veränderungen umzusetzen ist ein spezifischer Prozess notwendig. Zuallererst müssen wir den Unterschied machen zwischen einem Technischen Prozess oder einem Prozess den Menschen mitzunehmen. Bei technischen Prozessen sind die Anforderungen – das Pflichtenheft - relativ klar. Bei menschlichen Themen ist es häufig nicht so einfach, weil jeder Mensch anders auf Veränderungseinflüsse reagiert. Es gibt dafür keinen Standardprozess.
Wichtig sind aber folgende 4 Dinge: Ein klares Nutzenversprechen formulieren, das auch gern Emotionen freisetzen darf, Ängste erlauben und nicht weg reden, Vorbildwirkung der (obersten) Führung etablieren, Möglichkeiten der Partizipation eröffnen, kontinuierlich nachspüren und insbesondere Kommunikationsprozess anpassen.
Die Digitalisierung von Prozessen birgt viele Herausforderungen für die Menschen in Unternehmen. Die größte Herausforderung ist die Angst der Menschen. Wir sind nicht gewohnt mit Ängsten anderer umzugehen und sie werden tabuisiert - gerade in einer auf Rationalität geeichten Gesellschaft. Das heißt nicht, dass man nur noch in emotionalen Ausnahmezuständen unterwegs ist. Es gibt die Angst um sozialen Status, Angst ins Hintertreffen zu geraten, Unsicherheit im Angesicht unvorhersehbarer Entwicklungen. Auch Führungskräfte haben Angst - Sie müssen sich selbst eingestehen können, nicht immer auf alles eine Antwort zu haben.
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Um Mitarbeitenden die Ängste zu nehmen muss ich erst einmal anerkennen, dass es Ängste gibt und diese auch zulassen. Klären Sie das Warum und formulieren Sie ein Nutzenversprechen - was haben die Menschen im Unternehmen von der Veränderung. Man sollte eine zentrale Veränderungsgeschichte kreieren, die das Unternehmen authentisch einbezieht und dessen Geschichte fortschreiben. Geben Sie auch selbst als Führungskraft zu, wenn Sie einmal eine Antwort nicht wissen. Lassen Sie Emotionen und Mitbestimmung zu, beteiligen Sie Betroffene - insbesondere deren Bedürfnisse – und Kommunizieren sie immer wieder.
Durch diese Veränderungsprozesse kann es immer wieder zu Konflikten kommen. Konflikte sind nicht per se etwas Schlechtes. Man spricht sowohl von „Konfliktschlamm“ und „Konfliktgold“. Ersterer ist dysfunktional und lähmend, während letzteres Innovationssteigernd wirkt - durch Reibung entsteht Wärme.
In der Prävention ist es wichtig Feedbackschleifen einzubauen und schweigende Teammitglieder zu Äußerungen zu ermutigen, denn dort stauen sich häufig Konflikte auf. Auch der Aufbau einer Konfliktkultur im Unternehmen ist von Bedeutung, wobei Konflikte zugelassen und als wertvoll erachten werden, wir gleichwohl aber zielorientiert bleiben.
Bei der Aufarbeitung sollte es nie um die Schuld eines Mitarbeiters gehen, sondern um Interessenssuche, „was ist mir in dem Konflikt wichtig und warum handle ich so, wie ich es tue“. Dadurch entsteht Verständnis füreinander und neue produktive Lösungen. Wenn Konflikte zu lange nicht angegangen werden, erkalten sie. Das heißt, sie sind da, und brechen dann urplötzlich bei Themen auf, wo man keinen kausalen Zusammenhang mehr erkennt.
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Führungspersonen müssen beim Anstoßen von maßgeblichen Veränderungen auf vieles achten. Am wichtigsten ist das eigene Handeln und Agieren regelmäßig reflektieren - eine solche Einstellung kann Mitarbeiter:innen Halt geben. Außerdem muss man die Zeit für Führung haben und sich nicht im managen von Sachaufgaben zu verlieren. Ebenfalls von Bedeutung ist die Abstimmung mit der Führungsmannschaft zur gemeinsamen Zieldefinition für Veränderungsvorhaben.
New Work ist ein umfassendes Arbeitskonzept, welches verschiedenste Ausgestaltungsformen hat. Es muss dabei zum Unternehmen und den gegebenen Anforderungen passen. Zentrale Aspekte von New Work sehe ich in der Flexibilisierung der Arbeit hinsichtlich des Ortes, der Zeit, der Themen, der Arbeitsformen und der Rolle der Mitarbeiter:innen; im sinnstiftenden Charakter der Arbeit, d.h. ganzheitlich und jeder übt die Aufgabe aus, die er am besten kann; und letztlich der Aspekt Eigenverantwortlichkeit der Mitarbeitenden.
Auch wenn es weh tut, Unternehmen müssen die Schritte hin zu Flexibilisierung gehen. Die Welt ist zu komplex, zu ungewiss, zu schwankend und parallel entwickelnd, als dass es mit klassischen Organisationsstrukturen abgebildet werden kann. Ich werde Fachkräfte immer weniger mit klassischen Arbeitsmodellen binden können und muss einen hohen Wert auf Sinnstiftung legen. Gleichwohl muss man aufpassen, dass Mitarbeiter Selbstfürsorge betreiben in Zeiten einer maximalen Flexibilisierung. Unsere Zeit ist geprägt von hoher Volatilität, Ungewissheit, Komplexität und Ambiguität, der sogenannten VUCA-Welt. Unter diesen Gesichtspunkten ist der Kulturwandel im Unternehmen essentiell.
Ich würde mich freuen Denkanstöße zu geben – den Impuls neue Dinge auszuprobieren. Ich hoffe Führungsverhalten entwickelt sich weiter und Digitalisierungsprojekte werden durch das Mitnehmen von Menschen zum Erfolg geführt.
Ein vertiefendes Gespräch zu diesem Thema erschien im Podcast "Vernetzt: Wachsen!" vom Mittelstand-Digital Zentrum Magdeburg. Hören Sie sich hier das gesamte Gepräch an.
Das Mittelstand-Digital Netzwerk bietet mit den Mittelstand-Digital Zentren und der Initiative IT-Sicherheit in der Wirtschaft umfassende Unterstützung bei der Digitalisierung. Kleine und mittlere Unternehmen profitieren von konkreten Praxisbeispielen und passgenauen, anbieterneutralen Angeboten zur Qualifikation und IT-Sicherheit. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz ermöglicht die kostenfreie Nutzung und stellt finanzielle Zuschüsse bereit.
Weitere Informationen finden Sie unter www.mittelstand-digital.de.
Mittelstand-Digital wird gefördert durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz.
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