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IKOME®-Glossar – Fragetechniken

 

Fragetechniken

In der systemischen Beratung werden oft gezielt bestimmte Fragen gestellt. Diese dienen vor allem der Bildung, Veränderung oder Verwerfung von Hypothesen und legen damit das Fundament für die Suche nach Lösungen bzw. Interventionen im Beratungsprozess (Kutz 2020).

In der Beratung werden vor allem sogenannte „systemische Fragen“ genutzt, welche folgende Charakteristika aufweisen:

  • Offene Fragen, sodass dem Klienten alle Antwortmöglichkeiten offen bleiben (keine „Ja“- oder „Nein“-Antworten möglich)
    • B. „W-Fragen“ (Wer? Wie? Wann? Wo? Wem? …). Vermieden werden jedoch „Warum“, „Wieso“ und „Weshalb“, da sie durch ihren Problemfokus dem lösungsorientierten Ansatz der systemischen Beratung im Weg stehen.
  • Keine Suggestivfragen
  • Bringen den Klienten zum Nachdenken und sollten ihn aus seinen bisherigen Denkprozessen herausholen
  • Fokus auf das „Innere“ und nicht auf das „Äußere“, das heißt auf die Bedeutung bestimmter Sachverhalte für den Klienten
  • häufig: hypothetische oder Gegenfragen

Eine wichtige Voraussetzung bei der Anwendung von Fragetechniken ist das Beherrschen des aktiven Zuhörens. Der Berater sollte mit seinen gestellten Fragen immer das Ziel verfolgen, den Klienten in seiner konstruierten Lebenswirklichkeit zu verstehen und sich in diese hineinzuversetzen.

Es gibt sehr viele verschiedenen Fragetypen, die als systemische Fragen in der Beratung eingesetzt werden können. Hier sind einige Beispiele, die dem Praxishandbuch von Sonja Radatz entnommen wurden (Radatz 2000):

  • Ziel- und lösungsorientierte Fragen: Fragen nach Fähigkeiten, Möglichkeiten und Zukunftswünschen des Klienten
    • B. „Was ist Ihr Ziel?“ oder „Wie könnte Sie sich in Zukunft anders verhalten?“
  • Verhaltensfragen: Fragen, die speziell sich auf das Verhalten des Patienten und nicht auf die Situation beziehen
    • B. „Was tut X dazu, um diese Situation herbeizuführen?“ oder „Wie können Sie erreichen, dass X ein anderes Verhalten zeigt?“
  • Fragen nach Unterschieden: Fragen, die Unterschiede zwischen verschiedenen Zeiten, Personen oder Verhaltensweisen aufzeigen sollen, um Wahlmöglichkeiten zu verdeutlichen
    • B. „Welches Verhalten zeigen Sie in der Problemsituation, das Sie in der Lösungssituation nicht zeigen?“ oder „Wann tritt das Problem stärker auf, wann schwächer?“
  • Fragen nach Mustern: Fragen, die bestimmte Verhaltensmuster hervorheben sollen, die in einem System als problematisch oder als besonders zielführend angesehen werden
    • B. „Was tun Sie, damit das Problem entsteht? Was tun andere als Aktion oder Reaktion?“
  • Dissoziierende Fragen: Fragen, die den Klienten aus seiner Problemsicht herausnimmt und ihm die Möglichkeit gibt, das Problem aus einer distanzierteren „Außenperspektive“ zu betrachten
    • B. „Was würde Ihr Gegenüber Ihnen raten zu tun?“ oder „Wenn Sie sich selbst von außen betrachten: Was wäre gerade jetzt wichtig zu tun?“
  • Zirkuläre Fragen: Fragen, welche die Komplexität der Zusammenhänge des Verhaltens verschiedener Personen sichtbar machen.
    • Welches Verhalten ist mit welchem Verhalten anderer Personen verknüpft? Welches veränderte Verhalten bewirkt Veränderungen in die gewünschte Richtung?
    • B. „In welche Richtung könnte sich das Verhalten von X verändern, wenn Sie Y tun?“,An welchem Verhalten würde X bemerken, dass Ihr Verhältnis zu Y verbessert ist?“
  • Paradoxe Fragen: Fragen, die das als problematisch erlebte Verhalten verstärken und somit das Ziel haben, den Fokus auf das genau entgegengesetzte Verhalten zu lenken
    • B. „Wie können Sie es schaffen, genauso weiterzumachen wie bisher
  • „verrückte“ Fragen: besonders kreative Fragen, die dem Kunden zwar als komisch erscheinen, ihn aber zum Nachdenken bringen können
    • B. „Welche Rückmeldung würde Ihnen Ihr Besuchersessel, wenn er sprechen könnte, über X geben?“

 

Literatur:

Kutz, A. (2020). Systemische Haltung in Beratung und Coaching. Wie lösungs- und ressourcenorientieret Arbeit gelingt. Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH.

Radatz, S. (2000). Beratung ohne Ratschlag – Systemisches Coaching für Führungskräfte und BeraterInnen. Wien: Literatur-VSM.

Das IKOME®-Glossar der Systemischen Beratung lädt Neugierige und Profis gleichermaßen dazu ein, sich immer wieder mit den Kernbegriffen dieses genialen aber auch sehr komplexen Beratungsansatzes zu befassen! Das Glossar wächst nach und nach um immer weitere Begriffe.

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